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Vorstellung DESIRO Mainline II - Teil 1: Technik (lang)

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 18:59
von Z-Steller
Herzliche Feiertagsgrüße ins Mittelrheinforum :)!


Es hat sich ja bereits herumgesprochen, daß unsere ersten beiden neuen Fahrzeuge in Koblenz eingetroffen sind. Die Tf-Ausbildung begann daraufhin in dieser Woche. Ich nutzte diese Gelegenheit natürlich, um Bilder des Zuges, sowohl von außen als auch von innen, zu machen.

Anmerkung:

Die folgenden Aufnahmen wurden in den Pausen meiner Dienstzeit angefertigt. Ich hielt mich berechtigt im Gleisbereich auf.

Gleisanlagen sind KEINE Spielplätze! Betriebsfremde Personen haben dort NICHTS verloren!

Wer sich dennoch unbefugt dort aufhält, trägt die Konsequenzen.

Die Muße des heutigen Tages ist eine gute Gelegenheit, Euch das Fahrzeug vorzustellen.


DESIRO Mainline II - Teil 1: Technik



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Da steht er also: der elektrische Regionalbahntriebwagen der Baureihe 460. Er sieht nicht nur hoch aus, er ist es auch: die Führerräume liegen bedeutend höher als im RS1. Für mich ergibt sich damit wieder das von Lokomotiven bekannte Eisenbahn-Fahrgefühl; manche Kollegen werden sich allerdings umgewöhnen müssen ;-).




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Erste Annäherung von der rechten Seite. Die Linienführung ist sehr dynamisch, das Gesicht markant. Dem Einen gefällt es, der Andere empfindet es als gewöhnungsbedürftig. Aber gleichgültig läßt das Design niemanden - damit hebt sich der Triebwagen aus dem bekannten täglichen Allerlei heraus.




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Die "Heizerseite" :lol:.

Nun, Kohle wird zwar keine geschaufelt, aber einheizen kann der Zug allemal. Hier die technischen Daten:

Elektrischer Triebzug aus 3 Einzelwagen

Länge über Kupplung: 70,93 m
Länge Endwagen: 24,21 m
Länge Mittelwagen: 22,52 m
Breite: 2,82 m
Höhe: 4,35 m
Fußbodenhöhe: 800 mm über Schienenoberkante
Türbreite: 1,30 m
Wagenübergänge: einwandiger Wellenbalg mit Übergangsbrücke

Umgrenzungsprofil nach UIC 505-1, Linie G1

Radsatzfolge: Bo'Bo'+2'2'+Bo'Bo'
Stromsystem: 15 kV / 16,7 Hz
Antriebsbauart: Dreiphasen-Wechselstrom-Antrieb mit wassergekühlten Asynchron-Fahrmotoren in Tatzlager-Ausführung
Antriebsleistung: 2600 kW
max. Anfahrzugkraft: 170 kN
max. E-Brems-Kraft: 140 kN; fahrleitungsabhängige Nutzbremse
max. Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Bremsenbauart: KB C-pn-P-A-E-Mg D
Handbremse: als Federspeicherbremse ausgebildet

Wachsamkeitskontrolle: zeitabhängige Sicherheitsfahrschaltung (SIFA)
Indusi-Bauart: induktive Zugsicherung I60R, System PZB90
Zugfunkgerät: GSM-R-fähiges Gerät MTRS (MESA 23)

Fahrzeug- und Bremsgewichte sind noch nicht abschließend festgelegt, das Zulassungsverfahren dauert noch an.




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Im Endwagen A befinden sich Führerraum 1 und ein Mehrzweckabteil. Außerdem trägt dieses Fahrzeug den Stromabnehmer und 2 Hauptschalter für die beiden Endwagen. Bei Ausfall eines Endwagens kann der Triebzug mit dem verbleibenden Endwagen weiterfahren. Der Zugteil führt nur die 2. Klasse.

Der Endwagen A trägt die Baureihenbezeichnung 460 und Ordnungsnummern ab 0xy.




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Der Mittelwagen ist durchgehend bestuhlt und enthält keinerlei Antriebskomponenten. Auch dieser Zugteil führt nur die 2. Klasse.

Der Mittelwagen trägt die Baureihenbezeichnung 860 und Ordnungsnummern ab 0xy.




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In Endwagen B befinden sich Führerraum 2, ein 1. Klasse-Abteil, ein Mehrzweckabteil sowie die behindertengerechte Toilette. Dieser Endwagen erhält die Fahrleitungsspannung über eine 15 kV-Dachleitung, welche über den Mittelwagen verläuft.

Der Endwagen B trägt die Baureihenbezeichnung 460 und Ordnungsnummern ab 5xy.




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In dieser Übersichtszeichnung sind die Fahrzeugausrüstungen und ihre Lage an den einzelnen Wagen dargestellt.

Die Zentrale Kombikühlanlage besitzt 2 Kühlkreisläufe: ein Ölkreislauf zur Kühlung des Transformatoröls und einen Wasserkreislauf zur Kühlung der beiden Umrichter sowie der Fahrmotoren.

Wie man erkennt, wurden alle Traktionsanlagen auf dem Dach angeordnet.




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Die Triebzüge verfügen über eine automatische Mittelpufferkupplung der Bauart Scharfenberg. Diese Kupplung stellt nicht nur die mechanische Verbindung der Fahrzeuge her, sondern verbindet auch die Luft- und Steuerleitungen miteinander.

Die merkwürdig aussehenden "Puffer" sind keine solchen, sondern Stoßverzehrelemente. Der Triebzug erfüllt neueste Anforderungen an die Unfallsicherheit: im Fahrerhandbuch ist die "Crashtauglichkeit nach TSI-Szenario 1, 2, 3 und 4" ( :roll: ) ausdrücklich erwähnt.




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Am Triebdrehgestell 1 von EW A ist die Mg-Bremse zu erkennen. Radsatz 1 besitzt einen Gleitschutzgeber, Radsatz 2 einen Erdkontakt für Traktionsstrom. Alle Radsätze und Drehgestelle des Zuges sind gleich abgefedert: Primärfederung mit Schraubenfeder und Stoßdämpfer, Sekundärfederung mit Luftfeder und Schlingerdämpfer (schräg eingebaut). Zusätzlich besitzen die Drehgestelle eine Wankstütze mit Torsionsstäben (senkrecht links neben Schlingerdämpfer eingebaut).




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Ein Blick in das Allerheiligste: der Antrieb.

Auf der blauen Radsatzwelle befinden sich die beiden Monobloc-Räder mit jeweils 2 Bremsscheiben pro Rad. Hinter der Radsatzwelle ist der Fahrmotor erkennbar, rechts der Getriebekasten (mit orangefarbenem Aufkleber). Links sieht man den Bremszylinder mit Bremszange und Reibelement. Unterhalb ist das Fallrohr der Sandstreueinrichtung befestigt.


Von Eisenbahnfreunden hört man oft die Frage: "Warum wieder Tatzlagerantrieb? Der ist doch sooo gleismörderisch?" Nun, in den letzten 5 Jahrzehnten blieb die Technik nicht stehen, sie entwickelte sich weiter. Die Reihenschlußmotoren der Nachkriegsloks waren groß und schwer, hinzu kamen die unzulänglichen Primär- und Sekundärfederungen der damaligen Zeit. Kein Wunder, daß derartige Laufwerke das Gleis stark belasteten. Ein voll gefederter Antrieb war seinerzeitig ein notwendiges Übel, welches in Beschaffung und Wartung teuer bezahlt werden mußte.

Heute erlauben moderne Konstruktionen ganz andere Möglichkeiten. Vor allem die Verwendung von Drehstrommotoren stellt einen Wendepunkt dar: wesentlich (!) kleiner, leichter und überproportional leistungsstärker als die früheren Motoren. Ausgeklügelte Federungssysteme tun ihr Übriges dazu. Ein moderner Tatzlagerantrieb der heutigen Zeit ist viel laufruhiger und gleisschonender als ein Gummiringfederantrieb von "damals", weil geringere Massen in den Drehgestellen vorhanden sind und die dynamischen Kräfte dieser kleinen Massen viel besser abgefangen werden.

Die "Tatze" ist lauftechnisch schon längst bis 160 km/h zugelassen. Es kommt nur darauf an, wieviel der Kunde bereit ist, für die Bremsanlage zu zahlen. Wünscht er Luxus, darf er schnell fahren; ansonsten muß er sich mit Gemütlichkeit begnügen. Die bekannten Baureihen sind lediglich bremstechnisch für niedrige Geschwindigkeiten zugelassen, der Antrieb selbst könnte mehr.

Ein Federantrieb ist heute nur noch im Hochgeschwindigkeitsbereich notwendig; für langsamere Fahrzeuge ist er nicht mehr gerechtfertigt.




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Alle Türen besitzen einen Schiebetritt. Er fährt bis zu 500 mm weit aus. Bei Berührung eines Hindernisses reversiert der Schiebetritt um 20 mm und bleibt dann stehen. Wird der Tritt während seiner Bewegung betreten, hält er sofort an.




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Im Detailausschnitt des Bildes von Triebdrehgestell 2 ist der Luftfederbalg zu sehen.




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Die einzelnen Wagen des Triebzuges bleiben fest miteinander verbunden und können im Betrieb auch nicht getrennt werden. Eine Spezialkupplung verbindet die Wagen miteinander. Sie wird nur von der Werkstatt zu Wartungsarbeiten gelöst.




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Zwei Etagen höher ist der Übergang der 15 kV-Dachleitung angebracht. Zwischen Stromabnehmer und Wagenkastenende stehen senkrecht die beiden Hauptschalter.




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Von einem etwas erhöhten Standort außerhalb des Gefahrenbereiches (!) war dieser Blick auf die Dachausrüstung möglich.




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Genug der Außenansichten, die inneren Werte zählen. Eintritt in die Zentrale des Schaltens und Waltens: so sieht der Führertisch aus. Die Fahrzeuge sind so neu, daß noch die Schutzfolien auf den Displays kleben.

In der Schräge befinden sich, von links nach rechts betrachtet, Handapparat und Lautsprecher des Zugfunkgerätes; oben ZF-Gerät, darunter Fahrgast-Informations-System (FIS); Manometer für Leitungen und Bremszylinder sowie Bedien- und Diagnose-Display (BuD) und Multifunktionsanzeige (MAZ).

Im ebenen Teil sind alle Bedienelemente angeordnet. Auf der linken Seite befinden sich der Schlagtaster "Nothalt" und das pneumatische Bremsventil der indirekten Bremse (redundantes zweites Bremssystem), daneben die 3 Indusi-Taster. Zentrales Bedienelement ist der Fahr-/Bremssteller rechts gegenüber. Dahinter befindet sich das Schaltschloß. Der Führertisch wird mit einem Sicherheitsschlüssel eingeschaltet; die Zeiten des "Bestecks" aus "Knochen" und Winkelschlüsselchen sind passé.

Im Hintergrund und auf der rechten Seite sind Schalter und Taster für verschiedene Funktionen eingebaut.

Im Fahrbetrieb wird der Triebzug elektrisch gebremst. Zum Anhalten wird die E-Bremse pneumatisch unterstützt. Bei Ausfall der Fahrleitungsspannung kann nur pneumatisch gebremst werden.




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Das BuD stellt die zentrale Ein- und Ausgabeeinheit des Triebzuges dar. Der Tf bedient über verschiedene Menüs die einzelnen Funktionen, wie z.B. Beleuchtung oder Klimatisierung. Während der Fahrt erhält der Tf Meldungen über Betriebszustände, wie z.B. Oberspannung und Oberstrom. Auf meinem Foto ist dieses Grundbild zu sehen.




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Die Multifunktionsanzeige enthält außer Tachometer und Zug-/Bremskraftmesser den Leuchtmelderblock, wozu auch die schönen bunten Lampen der Indusi gehören. Im Bild hielt ich den Testlauf der MAZ fest, alle Leuchtmelder sind zur Funktionsprüfung eingeschaltet.

In der rechten unteren Ecke sieht man den Schlüsselschalter, mit dem das Führerpult eingeschaltet wird.



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Soweit die Angaben zur Technik des DESIRO Mainline II. Im nächsten Beitrag stelle ich die Inneneinrichtung des Triebzuges vor.

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 19:10
von Bernhard Reifenberg
Hallo Reiner,
herzlichen Dank f?r den vorz?glichen Einblick in das Leben eines 460er :)

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 19:34
von Jörg Neidhöfer
Hallo Reiner,

Deine Berichte waren schon in der Vergangenheit immer sehr ausf?hrlich und interessant! Dieser hier toppt die bisherigen allerdings noch. Vielleicht, oder auch gerade wegen dem umfassenden Einblick in eine nagelneue Fahrzeugserie.

Ganz herzlichen Dank daf?r!

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 20:33
von töff-töff
Hallo Reiner,

top. einfach klasse dieser ausf?hrliche Bericht. Da lernt man die neuen Fahrzeuge ja mal richtig kennen.

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 20:39
von Ahrtalbahn
keine LZB?

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 21:18
von Gregor Schaab
Ahrtalbahn hat geschrieben:keine LZB?
Wozu? Ich kenne zwischen K?ln und Mainz keinen LZB-Abschnitt

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 22:57
von Ahrtalbahn
Wenn man schon solche neumodischen Kisten anschafft, sollte man doch viellt auch mal an die Zukunft denken, es k?nnte ja sein, wenn sich die TransRegio h?lt, da? diese auch mal zur LZB kommt (sprich zB nach D?sseldorf oder Mannheim f?hrt) oder die LZB zur Transregio kommt (sprich LZB-Kabel gelegt werden)
...

Verfasst: Fr 3. Okt 2008, 23:21
von eta176
Z-Steller hat geschrieben:Bild

Genug der Au?enansichten, die inneren Werte z?hlen. Eintritt in die Zentrale des Schaltens und Waltens: so sieht der F?hrertisch
aus. Die Fahrzeuge sind so neu, da? noch die Schutzfolien auf den Displays kleben.

In der Schr?ge befinden sich, von links nach rechts betrachtet, Handapparat und Lautsprecher des Zugfunkger?tes; oben
ZF-Ger?t, darunter Fahrgast-Informations-System (FIS); Manometer f?r Leitungen und Bremszylinder sowie Bedien- und
Diagnose-Display (BuD) und Multifunktionsanzeige (MAZ).
Ich wei? gar nicht, was der "Ahrtalbahner" will, extra f?r Herrn Hennicke hat die Firma Siemens doch die gesamte
rechte Schr?ge freigehalten. :roll: Von der "Spielekonsole" bis zur LZB-Anzeige ist da bei Bedarf alles m?glich :wink:
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Hallo Reiner,
Dir ein Herzliches Dankesch?n f?r die umfassende Vorstellung des neuen Triebwagens :!:
Hans-Peter

Verfasst: Sa 4. Okt 2008, 01:06
von töff-töff
Ahrtalbahn hat geschrieben:Wenn man schon solche neumodischen Kisten anschafft,
Wenn ich das schon wieder lese. :twisted: :evil: . F?r dich h?tten es wahrscheinlich besser alte Silberlinge mit einer 110 davor sein d?rfen. :lol: :wink: :roll:
Ich nehme jetzt mal an, das wenn Du einen F?hrerschein hast, Du dir auch ein Auto zulegst, das mindestens 25 Jahre alt ist. Hier ist ja dann auch alles neue Sch.....

Und wenn mir schon beim Auto sind. Da kaufst Du bestimmt auch kein neues mit Sachen, die Du gar nicht brauchst. Wird Dir ja sonst bestimmt zu teuer.
Und siehst Du, genau so wird es TR auch mit der LZB machen. Kann man ja, wenn man sie braucht noch nachr?sten. Wenn man in so ein Fahrzeug alles reinpackt, was man irgendwann vielleicht einmal braucht , dann ist das nicht mehr bezahlbar. Und Ausschreibungen kann man dann bestimmt auch keine mehr Gewinnen. Dann bleibt mir nur die Gewissheit, ich war der "der mit den Fahrzeug was alles konnte" angeboten hatte. Bringt dich als Unternehmen aber leider nicht weiter und kannst damit kein Geld verdienen oder deine Mitarbeiter bezahlen.

Verfasst: Sa 4. Okt 2008, 14:30
von Bernhard Reifenberg
Hallo,
mal ?ne ganz dumme Frage, um auf dem Niveau zu bleiben :roll:

warum brauch ein Fahrzeug, dass nur 160 fahren darf, eine LZB?



Junge, Junge, ich hab schon viel Bl?dsin gelesen, und evtl. auch manchen Bl?dsinn losgelassen, aber hier kann ich nur den Kopf sch?tteln.

Und im ?brigen kei?t die Landeshauptstadt von NRW D?sseldorf und nicht anders!

Verfasst: Sa 4. Okt 2008, 14:55
von Bernhard Reifenberg
Hallo Ralf,
ok,
das wars dann mit der bl?den Frage f?r heute :roll:

Verfasst: Sa 4. Okt 2008, 17:56
von Z-Steller
berndreif hat geschrieben:Hallo,
mal 'ne ganz dumme Frage, [...]

warum brauch ein Fahrzeug, dass nur 160 fahren darf, eine LZB?
Hallo, Bernd!

Deine Frage ist nicht dumm, sondern berechtigt. Es gab (gibt noch?) bei DB Cargo eine Reihe von Loks der BR 140, die ebenfalls mit LZB ausgerüstet sind, und davon wiederum wurden noch eine stattliche Zahl auf CIR-ELKE hochgerüstet. Und die BR 140 läuft bekanntlich mit nur max. 110 km/h.


Ganz einfach: es ist betrieblich sehr vorteilhaft, Züge mit derartigen Loks in die LZB-Führung aufnehmen zu können.


Auf LZB-Strecken fahren alle LZB-geführten Züge in den LZB-Blöcken hintereinander her; quasi wie "Perlen auf der Schnur". Dafür sind die Blöcke ja auch da. Kommt jetzt ein Tfz ohne LZB, muß dieses im Abstand der Signalblöcke fahren - und weil an LZB-Strecken die Signalabstände viel größer sein können, gibt es Probleme.

Denn: der Zug ohne LZB-Führung ist für den Streckendisponent nicht genau lokalisierbar. Er befindet sich irgendwo zwischen zwei Hauptsignalen. Genaue Standortdaten kann er nicht an den Disponenten übermitteln, weil ihm ja das LZB-Gerät fehlt. Nachfolgende Züge müssen jetzt am vorgelegenen Hauptsignal anhalten und warten, bis der Hauptsignal-Blockabschnitt vor ihnen geräumt ist. Es wäre hochriskant, andere Züge in LZB-Blöcken folgen zu lassen, weil nicht mit Sicherheit das Freisein eines einzelnen LZB-Blockes festgestellt werden kann. Die herkömmliche Gleisfreimeldungsanlage ist nicht deckungsgleich mit LZB-Blockabschnitten. Entweder LZB-Führung - oder Haupt-/Vorsignal-Führung; beides gleichzeitig auf demselben Gleis geht nicht.


Ein LZB-Fahrzeug dagegen meldet ständig seinen genauen Standort an die Streckenzentrale. Sobald es einen LZB-Block freigibt, kann der nächste Zug folgen. Dadurch verkehren auf der Strecke mehr Züge gleichzeitig, und das war und ist eines der Ziele von LZB, insbesondere bei CIR-ELKE (computer-integrated railroading-Erhöhung der Leistungsfähigkeit im Kernnetz der Eisenbahn).


Und jetzt kommt der Vorteil: wenn z.B. ein Güterzug mit Tempo 100 in die LZB-Führung aufgenommen werden kann, weil seine Lok LZB hat, dann können andere Züge sofort hinterherfahren, ohne an einem Hauptsignal anhalten zu müssen. Die folgenden Züge müssen zwar langsamer fahren, verlieren aber weit weniger Zeit als bei einem Halt. Außerdem wird ihnen die Geschwindigkeitsabsenkung ja von der Streckenzentrale auf die Modulare Führerraum-Anzeige (MFA) eingespielt (V-soll-Vorgabe im Tacho), einschließlich der Zielentfernung, ab wann das niedrigere Tempo gilt (senkrechte Balken-Segment-Anzeige). Der Verkehr auf der Strecke bleibt flüssig - ohne Stau, weil Züge aufeinander auflaufen.


Natürlich wird der Störenfried über kurz oder lang herausgenommen, damit der Schnellverkehr nicht unnötig behindert wird; das ist klar. Gerade nachts, wenn der Güterverkehr rollt und auch LZB-Strecken (z.B. die Rennbahn von Mannheim Richtung Basel ab Graben-Neudorf) gut ausgelastet sind, bietet die LZB-Führung viele betriebliche Vorteile.


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Zurück zum eigentlichen Thema:

Der Mainline II hat keine LZB, weil sie im Rheintal zwischen KK und FMZ nicht gebraucht wird. Selbst Optimisten rechnen mit der Umrüstung auf ESTW-Betrieb derzeit noch mit zweistelligen Jahreszahlen.